Pressemitteilung des BDP
„Der Arbeitsausfall aufgrund psychischer Erkrankungen erreichte 2022 einen neuen Höchststand. Mit 301 Fehltagen je 100 Versicherten lagen die Fehlzeiten um 48 Prozent über dem Niveau von vor zehn Jahren.“ (DAK PsychReport 2023). Schon aus wirtschaftlichen Gründen suchen Arbeitgebende deshalb nach Möglichkeiten, psychischen und körperlichen Erkrankungen und damit verbundenen Fehlzeiten entgegenzuwirken. Die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung über psychische Belastung ist dabei einer der wirksamsten Ansätze, Belastungsfaktoren zu identifizieren und Arbeitsprozesse „gesundheitsfördernd“ zu gestalten – und ArbeitgeberInnen sind dazu sogar gesetzlich verpflichtet. Bereits seit der Novellierung des Arbeitsschutzgesetzes (§ 5) im Jahre 2013 ist die Verpflichtung, im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung (auch) Gefährdungen durch psychische Belastung zu berücksichtigen, klar im Gesetzestext verankert. Aber auch 10 Jahre danach liegt die Umsetzungsquote bei ArbeitgeberInnen bei geschätzt nur rund 20 Prozent.
Depressionen, chronische Erschöpfung, psychosomatische Beschwerden und Ängste – immer mehr Menschen leiden unter den Bedingungen am Arbeitsplatz. Die rasant fortschreitende Digitalisierung der Arbeitsumgebung, eine qualitative und quantitative Verdichtung der Arbeit, die zunehmende Komplexität der Aufgaben und damit einhergehende mögliche Überforderung, die ständige Erreichbarkeit, hybride Arbeitsmodelle und damit weniger soziale Kontakte und nicht zuletzt die Entwicklungen während Corona haben die Arbeitsbedingungen stark verändert. Um negativen gesundheitlichen Entwicklungen entgegenzuwirken, braucht es aussagekräftige Gefährdungsbeurteilungen für psychische Belastung am Arbeitsplatz.
Der Zusammenhang zwischen psychischer Belastung und psychischen sowie körperlichen Erkrankungen ist seit langem empirisch gut belegt. Psychische Erkrankungen sind seit vielen Jahren die mit Abstand häufigste Ursache für Frühberentungen. Bei der Verursachung von AU-Tagen rangieren sie an zweithäufigster Stelle.
Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP e.V.) fordert Arbeitgebende deshalb mit Nachdruck dazu auf, den gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen. Arbeitnehmende haben ein Recht auf eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung und die Anpassung von Arbeitsbedingungen im Sinne der Gesundheitsprävention.
Doch der Verband sieht hier auch den Gesetzgeber gleich aus mehreren Gründen in der Pflicht sicherzustellen, dass Gefährdungsbeurteilungen für Unterhemen sowie auch deren fachkundige und wirksame Kontrolle durch Landesbehörden und Unfallversicherungsträger durchführbar sind. Aufgrund von Regelungs- und Verordnungslücken bezüglich der konkreten Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung für psychische Belastung sowie auch fehlenden Grenzwerten, gibt es viele Unsicherheiten.
Bund und Länder sind derzeit in Bewegung – die Einrichtung einer ExpertInnen-Gruppe auf Länderebene, die Aufnahme des Themas in den Ausschuss für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz (ASGA) sind positive Entwicklungen. Der BDP unterstützt diese Entwicklungen ausdrücklich und ruft Bund und Länder dazu auf, bestehende Verordnungslücken schnellstmöglich zu schließen, um gesunde Arbeitsbedingungen und damit auch reduzierte krankheitsbedingte Kosten zu ermöglichen.